Olympia und Doktortitel - Daria und Dania Obratov mit großen Zielen
Split (FIL) Zwei ehrgeizige, attraktive und intelligente Schwestern haben sich dem Rennrodeln verschrieben. Die 32-jährige Daria Obratov und ihre sieben Jahre jüngere Schwester Dania sind Weltbürgerinnen mit Herz und Ehrgeiz.
Beide Schwestern kamen im kroatischen Split zur Welt und sind im Rennrodeln in den letzten vier Jahren für die Niederlande gestartet. Sie lieben das Reisen, fremde Kulturen und Länder, die internationalen Freundschaften in der FIL-Familie und natürlich den Rennrodelsport.
Daria hat das Studium der Sportwissenschaften in den Niederlanden abgeschlossen, nach der Olympiasaison 2022 ihre Leistungssport-Karriere beendet und wird jetzt nach Trondheim in Norwegen ziehen, um dem Ziel Doktortitel näher zu kommen. Ihre jüngere Schwester Dania studiert noch bis 2023 – ebenfalls im Bereich der Sportwissenschaften – in Kroatien und wird ihre Rennrodel-Karriere weiter fortsetzen um sich noch ihren Traum von Olympia zu erfüllen.
Ganz zufällig kam Daria zum Wintersport
Als Jugendliche war sie Handballspielerin in der kroatischen Juniorennationalmannschaft. Nach einer schweren Sportverletzung am Knie und acht Operationen wurde sie während ihrer Rehabilitation von einer Ärztin zum Rennrodeln inspiriert: "Seit ich klein war, war es mein Traum, Olympionikin zu werden! Als ich sechs Jahre alt war, schaute ich mir die Olympischen Spiele in Atlanta an und sagte zu meinen Eltern, dass ich eines Tages bei den Olympischen Spielen dabei sein werde - alle lachten über diese Idee, aber ich brauchte nur 22 Jahre, um ihnen das Gegenteil zu beweisen.“ (HaHa – Daria lacht).
In der Saison 2007/08, mit damals bereits 18 Jahren versuchte Daria sich in Igls zum ersten Mal auf dem Rennrodel. „Iona Apostol und Robert Taleanu waren meine ersten Trainer. Von der ersten Fahrt an hat es Klick gemacht und ich liebte alles an diesem Sport. Das Faszinierendste am Rennrodeln ist, wie konzentriert und präzise man agieren muss, während man mit Geschwindigkeiten von meist mehr als 130 km/h gleitet“, schwärmt Daria.
Fünf Jahre später, mit 16 Jahren, begann auch die jüngere Schwester Dania mit dem Rennrodeln. „Ich habe mich dank meiner Schwester in das Rennrodeln verliebt. Mit 12 Jahren war ich das erste Mal mit meinen Eltern beim Weltcup am Königssee dabei. Daria zeigte mir das Leben mit dem Rennrodelsport hinter den Kulissen und ich fand alles sehr aufregend. Nur ein paar Jahre später startete ich in Oberhof und wurde auch Teil der FIL-Familie“. Danias erste Trainer waren Petr Kinzel und Yuriy Hayduk. „Die Geschwindigkeit war von Anfang an faszinierend. Es fühlte sich alles so schnell an. Ich liebte das Gefühl, wenn ich im Ziel war und einen Lauf gemeistert hatte. Man lernt sich selbst auf eine andere Art und Weise kennen und fängt an, an sich selbst zu glauben. Es macht süchtig. Ich liebe vor allem die Bahnen in Oberhof und Lake Placid“.
Erste kroatische Rennrodlerin bei Olympia
Die ältere der beiden Schwester, Daria schrieb 2018 in PyeongChang Geschichte als erste kroatische Rennrodlerin die an den Olympischen Winterspielen teilgenommen hat. „Die Olympischen Spiele in PyeongChang waren für mich ein wahrgewordener Traum. Ich hätte diesen Traum nicht verwirklichen können, wenn ich nicht die unendliche Unterstützung meiner Eltern gehabt hätte, die so viele Kosten übernommen haben und die auch unsere größten Fans sind und uns immer wieder ermutigt haben weiter zu machen. Die Olympischen Spiele in PyeongChang waren der Höhepunkt meiner Karriere. Es war auch etwas ganz Besonderes, dies mit meiner Familie zu teilen und zu sehen, wie sie mich im Ziel anfeuerten. Das war wirklich ein unvergesslicher Moment!“
Internationaler Fair-Play-Preis
Zwei Jahre später wurde Daria von der Europäischen Fair-Play-Bewegung (EFPM) geehrt. Inzwischen startete die Weltbürgerin für ihre Wahlheimat Niederlande, wo sie an der Vrije Universität in Amsterdam studierte. Die damals 30-jährige Rennrodlerin erhielt den EFPM-Preis "Spirit of Fair Play", mit dem Sportler:innen geehrt werden, die eine einzigartige Geste in der Welt des Sports setzen. Bei einem Olympia-Qualifikations-Wettkampf in Calgary (CAN) lieh Daria Obratov ihren Schlitten an Shiva Keshavan aus und ermöglichte so dem indischen Athleten dessen Schlitten kurzfristig kaputt war, am Nationencup teilzunehmen und sich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren.
Daria sagt heute dazu: „Am Ende haben sich mein Freund Shiva und ich beide für Olympia qualifiziert. Dank des Sports lernt man so viele verschiedene Orte und Kulturen kennen und lernt viele Sprachen. Ich bin der Meinung, dass es keine Grenzen oder Unterschiede zwischen Menschen und Nationen geben sollte. Der Sport ist eine großartige Chance junge Menschen zu inspirieren und zu zeigen, dass es so viele Möglichkeiten, Freundschaften und so viel mehr als nur Wettkämpfe gibt“.
Rennrodeln mit Deutschland und Russland
Während Dania anfangs mit dem FIL-Team trainierte und im Junioren-Weltcup startete, war Daria gleich zu Beginn ihrer Rennrodelkarriere im Rahmen eines Patenschafts-Programmes der FIL mit der Deutschen Mannschaft unterwegs. „Das deutsche Trainerteam ist eines der bestausgebildeten in der Welt des Rennrodelns und von ihnen habe ich sehr viel gelernt. Sie haben mir viel über das Fahren und das Gefühl für jede Bahn beigebracht und ich habe die Zeit auf der Bahn mit ihnen genossen, denn sie haben immer tolle Korrekturen gegeben“, sagt die 32-Jährige rückblickend auf die ersten Jahre im Sport. Ab der Saison 2019/2020 wechselten beide Schwestern dann im Rahmen der Patenschaften zum russischen Team. Daria erzählt: „Die Dinge, die ich von ihren Trainern gelernt habe, waren für mich völlig neu und ganz anders als das, was ich bisher über Schlitten und das Rennrodeln wusste. Ich würde sagen, dass diese beiden großen und erfolgreichen Teams eine sehr unterschiedliche Philosophie haben, was den Schlittenbau, die Schlittenvorbereitung und sogar die Art und Weise, den Schlitten zu steuern, angeht“. Ihre Schwester Dania sagt: „Ich habe gelernt Russisch zu sprechen, um mich dem Team anzupassen und besser kommunizieren zu können. Wir wechselten die gesamte Ausrüstung und haben angefangen auf russischen Schlitten zu rodeln. Es war eine sehr große Umstellung, man muss seinen Fahrstil komplett ändern. Insgesamt konnten wir eine Menge Erfahrungen sammeln und sehr viel lernen.“
Daria freut sich rückblickend und ist dankbar für die Unterstützung der großen Teams: „Wenn man aus einer kleinen Nation kommt, die keine eigenen Trainer hat, können einem gut ausgebildete internationale Trainer helfen, viel über den Sport zu lernen. Ich habe das Gefühl, dass alle Ratschläge, die ich von beiden Teams bekommen habe, immer sehr wertvoll für mich waren“.
Ziel Mailand-Cortina 2026 - die 25-jährige Dania macht weiter
Dania Obratov hat noch das große Ziel für die Niederlande an den Olympischen Winterspielen teilzunehmen: „Ich habe viel Unterstützung vom niederländischen Verband (BSBN) und zusammen mit ihm arbeite ich an einem neuen Plan für die kommende Saison. Ich werde ein neues Trainerteam haben und freue mich darauf, mehr trainieren zu können, da ich immer noch das Gefühl habe, dass ich noch nicht die Chance hatte, mein Bestes zu geben. Es wird auf jeden Fall anders und emotional für mich sein, weil es die erste Rennrodel-Saison sein wird, in der ich ganz allein ohne meine Schwester bin. Jeder, der uns im Rennrodeln kennt, weiß, dass wir alles zusammen gemacht haben. Ich werde sie definitiv sehr vermissen, aber ich bin sehr stolz auf sie und ihr neues Kapitel!“
Ein neues Kapitel in Darias Leben
Das neue Kapitel von Daria Obratov wird ihre Doktorarbeit im Gebiet der Erforschung der Auswirkungen von Sport auf weibliche Athleten sein. Daria zieht nach Norwegen. „Ich arbeite weiter an meinem Doktortitel an der NTNU Universität in Trondheim. Diese Uni ist auf medizinische Forschungen im Sport spezialisiert. Jedes Thema, das den weiblichen Körper betrifft, ist leider immer noch ein Tabu und nicht ausreichend erforscht. Ich habe bereits eine Forschungsarbeit über die Auswirkungen des Krafttrainings verfasst, in der ich einige faszinierende Ergebnisse erhalten habe, die beweisen, dass wir die Leistung von Sportlerinnen drastisch steigern können, wenn wir das Training an den aktuellen Hormonspiegel der einzelnen Sportlerinnen anpassen. Ich hoffe, dass meine Forschungen dazu beitragen, bessere Trainingsprogramme für künftige Generationen von Frauen im Sport zu entwickeln“.
Neben ihrem Doktortitel möchte Daria weiterhin im Sport forschen und zukünftigen Generationen von Sportlerinnen helfen. „Ich freue mich, dass Rennrodeln zu den Sportarten gehört, die die Gleichstellung der Geschlechter fördern, und ich hoffe, dass meine Forschungen in Zukunft dazu beitragen können, Trainingsprogramme zu entwickeln, die stärker auf Frauen zugeschnitten sind und dass wir noch mehr Rennrodlerinnen haben, die mit ihren Ergebnissen Geschichte schreiben.
Niederländisches Nachwuchsteam im Aufbau
Es gibt auch noch ein anderes großes Ziel der beiden Schwestern. Sie wollen dabei helfen, ein niederländisches Nachwuchsteam im Rennrodeln aufzubauen. Dania sagt: „Hoffentlich werden wir eines Tages ein niederländisches Team haben, das an der FIL-Staffel teilnimmt. Ich möchte stolz darauf sein, dass ich dazu beigetragen habe, dieses Team aufzubauen!“
Zusammen mit dem niederländischen Verband (BSBN) arbeiten die beiden Schwestern daran, ein niederländisches Rennrodel-Jugendprogramm zu schaffen und neue Rennrodel-Talente zu finden. Daria ist überzeugt: „Ich habe während meiner Sportlerkarriere viel von den besten Rennrodel-Trainern gelernt und hoffe, dass ich dieses Wissen an die jungen Generationen von niederländischen Rennrodlern weitergeben und ihnen helfen kann, sich weiterzuentwickeln und diesen Sport so sehr zu lieben wie ich selbst. Ich hoffe also, dass ich meine FIL-Familie bald wiedersehen werde, aber dieses Mal auf einer anderen Seite der Bahn!“
Dania freut sich auf die WM in Oberhof
Die 25-jährige Dania Obratov hat das große Ziel Olympia noch im Visier und freut sich auf die 51. FIL-Weltmeisterschaften 2023 in Oberhof: „Mein Ziel ist es natürlich, mich für die Olympischen Spiele zu qualifizieren, aber ich gehe gerne einen Schritt nach dem anderen. In der kommenden Saison freue ich mich besonders auf die FIL-WM Ende Januar in Oberhof. Nicht nur, weil es meine Lieblingsstrecke ist sondern auch, weil es immer so viel Spaß macht, dort Rennen zu fahren, dieses Jahr hoffentlich wieder umgeben von vielen Zuschauern.“