Internationaler Tag der Frau: Trainerinnen im Rodelsport
Salzburg (FIL/08.03.2023) Am Internationalen Frauentag, dem 8. März, feiern wir die Trainerinnen im Rodelsport.
Die FIL strebt ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter bei den Athleten, dem medizinischen Personal sowie den Trainern und Betreuern an. Um Höchstleistungen oder bestmögliche Ergebnisse zu erzielen, sollte auf die bestehende Bandbreite vielfältigster Kompetenzen zurückgegriffen werden, heißt es auch beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).
Leider verhält es sich nach wie vor so, dass der Trainerberuf ein vorwiegend von Männern dominiertes Arbeitsfeld ist und Frauen stark unterrepräsentiert sind. „Die Welt der Trainer im Wintersport ist nach wie vor eine Männer-Domaine. Das liegt aus meiner Sicht vor allem daran, dass Frauen mit Kindern und Familie die umfangreiche Reisetätigkeit schlecht vereinbaren können“, sagt FIL-Sportdirektorin Maria-Luise Rainer.
Die 30-jährige Eunryung Sung war selbst Rodlerin in der koreanischen Nationalmannschaft und ist inzwischen als Trainerin des Nationalteams tätig. Die Olympia-Zwölfte mit der Teamstaffel von Sochi 2014 liebt ihren Job: „Ein Trainer oder eine Trainerin ist die Person, die den Sportlern:innen am meisten hilft, alles zu geben. Es ist schön, kurz- und langfristige Ziele zu setzen, gemeinsam auf diese Ziele hinzuarbeiten und die Ergebnisse in klaren Zahlen sehen zu können. Auch die Möglichkeit, oft ins Ausland zu reisen, ist sehr attraktiv für mich. Ich schätze mich sehr glücklich, durch den Sport Freundschaften zu schließen und mit Menschen aus verschiedenen Ländern in Kontakt zu kommen.“
Der koreanische Cheftrainer Wolfgang Staudinger schätzt die Arbeit der einzigen Trainerin in der Nationalmannschaft sehr: " Eunryung ist sehr wichtig für unser Team. Maciej und ich können gemeinsam mit ihr optimal als Team arbeiten. Sie ist für das Athletik-Training des Teams verantwortlich, unterstützt mich sehr bei der Organisation, ist fachlich äußerst kompetent und eine sympathische, junge Ansprechpartnerin für unser Athletinnen und Athleten. Eunryung ist eine große Bereicherung und sehr wichtig für unsere Mannschaft. Wir sind froh sie als Trainerin zu haben".
Doch warum gibt es nicht mehr weibliche Rodel-Trainerinnen, wenn Frauen wie Eunryung Sung aus Seoul im Team von Trainerkollegen und Athleten so sehr geschätzt werden? Eunryung Sung sieht das Problem nicht beim Rodelsport: „Ich denke, der Mangel an weiblichen Führungskräften ist ein globales Problem, nicht nur im Rennrodelsport. Es wäre schön, wenn es einen Platz für die Fortbildung und Kommunikation von Trainerinnen gäbe. Ich denke, es wird mehr Möglichkeiten geben, wenn sie ihre Fähigkeiten stärken, eine Gemeinschaft unter sich schaffen und mehr miteinander kommunizieren. Mehr weibliche Trainer könnten nicht nur den weiblichen Athletinnen gut helfen“.
Die deutsche Trainerkollegin Katja Haupt ergänzt: „Vielfach herrscht einfach noch ein altes Frauenbild in der Gesellschaft. Das ist nicht länderspezifisch zu verstehen, dieses antiquierte Bild der Rolle einer Frau, zieht sich durch alle Nationen“, erklärt die Trainerin der deutschen Rodel-Nationalmannschaft. Katja Haupt ist seit 15 Jahren hauptamtlich als Trainerin im Rodelsport tätig und hat viele Jahre als Landestrainerin mit einem Team bestehend aus drei Frauen den Nachwuchs am Stützpunkt Winterberg gemanagt. Katja Haupt erklärt wie es ihr oft ergeht: „Bekannte fragen mich häufig, was denn mein Mann dazu sagt, dass ich so viel unterwegs bin. Niemand fragt jemals eine Frau was sie dazu sagt, wenn ihr Mann die ganze Woche auf Montage oder auf Geschäftsreise ist“.
Dabei machen es viele Rodlerinnen vor, dass man auch mit Kindern im Leistungssport erfolgreich unterwegs sein kann. Athletinnen wie die sechsfache Olympiasiegerin Natalie Geisenberger, Sprint-Weltmeisterin Dajana Eitberger und Olympiateilnehmerin Aiva Aparjode haben auch mit Kindern den Rodelsport erfolgreich weiter betrieben. „Warum sollte man das nicht auch als Trainerin schaffen“, sagt Katja Haupt und weiß „man muss sich als Frau durchsetzen gegen die vielen Männer im Sport und gegen das alte Frauenbild in der Gesellschaft. Das ist wichtig und nur so können wir Frauen auf Dauer erfolgreich sein und uns im Trainerberuf behaupten“.
Eunryung Sung bei Korea, Katja Haupt in Deutschland und Tatjana Hüfner für Italien, sind aktuell die einzigen weiblichen Trainerinnen in den Rodel-Nationalmannschaften. Im Nachwuchsrodeln gibt es einige Frauen mehr. Corina Dragan in Rumänien beispielsweise, die Kanadierin Lindsay Forberg bei der Alberta Luge Association, Sandra Lembert in Österreich, Caroline Kannel bei USA Luge, Claudia Holzhäuser, Marion Thees und Eliza Tiruma an Stützpunkten in Deutschland oder Svitlana Kravchuk im Nachwuchs-Team der Ukraine.
„Es ist sehr schwierig für Frauen als Trainerin zu arbeiten, vor allem wenn sie ihre Familie und ihr Kind zu Hause lassen, weit mit dem Auto fahren, Schlitten reparieren, Training organisieren und vieles mehr“, sagt die 30-jährige Svitlana Kravchuk. Aber sie ist sicher, den richtigen Beruf gewählt zu haben: „Wenn ich meinen 6-jährigen Sohn zu Hause bei seinem Vater lassen muss, ist es sehr schwer für mich. Aber ich arbeite wirklich gerne als Trainerin, ich liebe meinen Job und genieße es. Es ist meine Berufung. Ich bin sicher, dass Frauen ziemlich gute Spezialisten sind!! Wir Frauen sind als Trainer sicher nicht schlechter als Männer!“
Die Deutsche Jugend A Nationaltrainerin Claudia Holzhäuser berichtet, dass „oft die Verdienstmöglichkeiten sehr unterschiedlich sind und es zu wenig geschätzt wird, dass vor allem im Nachwuchsbereich weibliches Bezugspersonal und Vorbilder für die jungen Sportlerinnen und Sportler wichtig sind – und nicht alle Sportlerinnen mit Männern über alle Themen sprechen wollen“, so ihre Erfahrung.
Und Katja Haupt ergänzt: „Ich sehe schon, dass ich prinzipiell anders ticke als die männlichen Kollegen. Ich will nicht sagen, dass das besser oder schlechter ist. Aber ich nehme Dinge anders auf und bringe manchmal eine andere Denkweise an den Tag um etwas weiter zu entwickeln“.
Nach den Vorstellungen des Internationalen Olympischen Komitee (IOC) werden Trainerinnen in Zukunft ein wesentlicher Bestandteil im Sport sein. Viele Experten halten den Einsatz von weiblichem Leistungssportpersonal für unverzichtbar für einen funktionierenden Sportbetrieb. Weibliche Trainer sind Vorbilder, die Sportler:innen inspirieren. Sie sind Ansprechpartnerinnen und Bezugspersonen, sie übernehmen Verantwortung, sind Impulsgeberinnen und bilden oftmals die Basis eines erfolgreichen und kooperativen Trainings- und Wettkampfbetriebes. In diesem Sinne wünscht sich der Internationale Rodelverband FIL mehr Trainerinnen im Rodelsport und hofft, dass dies in den nächsten Jahren erreicht wird. „Wir haben nun einiges an Arbeit vor uns, um dies auch im Bereich des Trainings und der Verwaltung umzusetzen. Zu diesem Zweck haben wir eine Arbeitsgruppe zur Gleichstellung der Geschlechter gebildet, die von der Olympionikin Alex Gough aus Kanada geleitet wird. Wir freuen uns darauf, Frauen dabei zu helfen, in allen Bereichen unseres Sports Fortschritte zu machen und sie dabei zu unterstützen, die Ziele zu erreichen, die sie für sich selbst gewählt haben", sagt die FIL-Vizepräsidentin für Sport Claire del Negro.