Berlin (pps) Nagano stellt so etwas wie den Wendepunkt in der Karriere der Sylke Otto dar. Bei den Olympischen Winterspielen 1998 stand die damals 28-Jährige nur als Zuschauerin am Rande der Eisbahn, als Silke Kraushaar und Barbara Niedernhuber nur durch zwei Tausendstelsekunden getrennt Gold und Silber gewannen. Aber anstatt wegen ihrer Zuschauerrolle zu resignieren, beschritt Sylke Otto, die bis zu diesem Zeitpunkt nur das EM-Silber 1992 und den Gesamt-Weltcup im Jahr 1995 gewonnen hatte, neue Wege. Sie beendete ihre berufliche Tätigkeit als pharmazeutisch-technische Assistentin, verpflichtete sich auf Dauer bei der Bundeswehr und begann eine radikale Abmagerungskur.

Sechs Jahre später und zehn Kilo leichter reist Sylke Otto als Top-Favoritin zu den Weltmeisterschaften in Nagano. Die heute 34-Jährige gewann seither fast alles, was es im Rodelsport zu gewinnen gibt, holte dreimal den WM-Titel (2000, 2001 und 2003), siegte 2002 bei der EM und krönte ihre Siegesserie mit dem Olympia-Gold 2002. So ganz nebenbei sicherte sie sich auch drei weitere Male die Gesamtwertung im Viessmann-Weltcup und ist mit insgesamt vier Erfolgen (1995, 2000, 2003 und 2004) nun Rekordsiegerin bei den Damen.

„Eigentlich wollte ich nach den Olympischen Spielen in Salt Lake City aufhören. Aber ich spürte, dass ich noch motiviert bin, und deshalb mache ich weiter“, blickt Sylke Otto heute zurück. Bis zu den Winterspielen 2006 in Turin bleibt sie den Eisbahnen dieser Welt noch erhalten. Den Winter 2002/2003 glaubte sie schon nicht mehr steigern zu können, doch die Saison 2003/2004 mit fünf Erfolgen im Viessmann-Weltcup, dem Gesamtsieg im Krombacher Challenge Cup und Bronze bei der EM auf der ungeliebten Oberhofer Bahn verläuft bisher kaum schlechter. Und jetzt ist auch noch die ihr liegende „Gleiterbahn“ von Nagano Schauplatz der WM.
„Mein Ziel in Nagano ist eine Medaille“, sagt Sylke Otto. Sollte sie aber zum vierten Mal ganz oben auf dem WM-Treppchen stehen, wäre sie mit vier Gold- und einer Bronzemedaille erfolgreichste WM-Teilnehmerin aller Zeiten. Bislang führt in dieser Rangliste noch Margit Schumann mit viermal Gold vor Susi Erdmann (3–2–0), Sylke Otto selbst liegt vor der WM mit drei Gold- einer Bronzemedaille auf Rang drei.

Auch bei der WM in Nagano wird die Blondine von ihrem Fan-Klub begleitet. Gleich sechs Mann drücken ihr an der „Spirale“ die Daumen. „Wenn es irgendwie möglich ist, sind meine Fans überall mit dabei“, sagt Sylke Otto nicht ohne Stolz. Da kann ja kaum etwas schief gehen beim Unternehmen Titelverteidigung.

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